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 | Konsum & Lifestyle
Letzte Änderung: 02.06.2025 Autor*in: Dirk Klaiber

Merles Handy-Friedhof

kaputtes Handy auf düsterem Friedhof
© Dirk Klaiber

Kein Update, kein Kamera-, kein Akku-Tausch 

Das ist einfach nur voll ärgerlich. Kaum zwei Jahre alt, schon lässt sich Merles Smartphone nicht mehr updaten. Ihre meist genutzten Apps laufen nicht mehr – Betriebssystem zu alt. Der interne Speicher kann nicht erweitert, der Akku nicht getauscht werden, geschweige denn die Kamera. Ist die Sonne weg, werden die Bilder unscharf. – Kein Wunder, dass allein in Deutschland jährlich mehr als 24 Millionen Smartphones verkauft werden. 

Zählt man Router und Festnetztelefone noch dazu, so sind das 250.000 Tonnen Neugeräte. Elektrogeräte allgemein kommen auf 1,7 Millionen Tonnen

Merle hat Glück. Ihre Mutter hat von ihrer Arbeitgeberin ein neues Handy bekommen. Ihr eigentliches überlässt sie Merle. Die fragt ihre Schwester, wo sie ihr altes Handy hintuen kann. „Papas Schreibtisch, unterste Schublade“, antwortet diese, wie aus der Pistole geschossen, als wäre ein privater Handy-Friedhof das Normalste der Welt. Tatsächlich ruhen dort bereits neun Familien-Handys.

Sie wird stutzig. Viele Fragen schießen ihr in den Kopf. Doch bevor sie im Internet nach Antworten sucht, kommt ihr der zwei Wochen zurückliegende Besuch auf dem Übermorgen Markt in den Sinn. Dort war sie am Stand der Junge Plattform mit Anna ins Gespräch gekommen und hatte von deren nachhaltigen Stadtführungen in Stuttgart erfahren. Kurzerhand greift sie zum Fon und wählt Annas Durchwahl. Die ist direkt dran. Und so erhält sie neben der Anmeldebestätigung einen interessanten Link-Tipp zu ihrem Handy-Friedhof.    

Was steckt im Handy eigentlich so drin? 

Der Link liefert Merle Antworten: 60 verschiedene Rohstoffe. Davon 30 Metalle wie Platin, Silber und Gold

Für die Gewinnung der Rohstoffe braucht es große Flächen. Hierzu werden:

  • Wälder gerodet
  • giftige Stoffe zum Lösen von Metallen aus Gestein eingesetzt, die Flüsse und Meere verschmutzen. Allein in Deutschland benötigen Sony, Apple, Samsung etc. 720 kg Gold pro Jahr – nur für die Herstellung neuer Handys. Dafür bedarf es Unmengen an Zyanid und Quecksilber, die das Ökosystem vergiften. 

Was bedeutet das für die Menschen in den Abbauländern?

Viele verlieren ihre Lebensgrundlage, werden krank, müssen Gebiete, die sie seit Generationen bewohnen, verlassen. Gesundheitsschädlich ist zudem die Arbeit in den Mienen. Doppelt schlimm, wenn Kinder unter den Arbeiter*innen sind.    

Was geschieht mit ausgedienten Elektrogeräten?

Europäischer Elektroschrott landet oftmals illegal auf Mülldeponien in Afrika. Dort versuchen Menschen, die verbauten Rohstoffe zurückzugewinnen – stark zu Lasten ihrer Gesundheit.    

Was kann ich tun?

Das alte Handy möglichst lange nutzen. Und dann darauf achten, dass es fachgerecht recycelt wird. So könne die Rohstoffe zurückgewonnen und wiederverwendet werden.   

Beim Kauf eines neuen Handys checken, ob es sich gut reparierten lässt und unter welchen Bedingungen es hergestellt wurde – z.B. sind recycelte Metalle zum Einsatz gekommen? Oder gleich statt eines neuen, ein gebrauchtes Gerät kaufen.   

Wohin mit dem Handy-Friedhof?

Der Tipp von Anna führt Merle auf die Website der Handy-Aktion BaWü. Dort ordert sie eine Sammelbox für Alt-Handys. Diese stellt sie in der Schule auf. Dazu druckt sie Handzettel mit den wichtigsten Fragen und knappen Antworten rund um das Smartphone. Zudem geht sie in die verschiedenen Klassen und hält Kurzvorträge mit dem Titel: Mein persönlicher Handy-Friedhof

Was muss die Politik tun?

Elektrogeräte, wie Smartphones gehen immer schneller kaputt. Zudem bringen die Hersteller ständig neue Modelle auf den Markt, für deren Herstellung viel Energie und wertvolle Ressourcen aufgewendet werden müssen.

Daher ist es dringend an der Zeit, dass Bundesregierung und EU tätig werden und:

  1. umweltfreundliche Dienstleistungen (reparieren, recyceln, Software Updates bereit stellen) und Produkte (gebrauchte oder nachhaltige Geräte) finanziell fördern.
  2. Standards zum Ökodesign festzulegen (z.B. robuste und reparaturfreundliche Geräte).
  3. verbindliche Zielquoten für die Sammlung, Wiederverwendung und Recycling einführen.   

Gibt es Handys, die für eine längere Nutzung ausgelegt sind?

Wie ein verbraucherfreundliches Ökodesign umgesetzt werden kann, zeigt das Fairphone 2, das besonders modular und reparierbar aufgebaut ist. Modular bedeutet, dass z.B. Kamera, Akku, Display einfach durch den Nutzer selbst ausgetauscht werden können.   

Nachhaltiger Stadtrundgang – alle sind dabei

In Merles Freundeskreis haben alle ständig neue Handys. Da ist kaum eines älter als zwei Jahre. Der Frust darüber sitzt aber bei allen recht tief. Endlose Stunden Rasenmähen in der Nachbarschaft, Zeitungsaustragen morgens um 4 Uhr. Endlose Diskussionen mit Eltern und Großeltern um den Restbetrag. „Das ist doch nicht Ernst. Wieso lässt sich das Display nicht reparieren“, fragen diese zurecht. 

Und natürlich sind Umweltschutz und Nachhaltigkeit wichtige Themen. Merle braucht daher keinerlei Überredungskunst. Alle sind begeistert und dabei, sobald sich Anna in Stuttgart auf den nächsten Stadtrundgang begibt. Folgende Themen im Sinne der Nachhaltigkeit stehen dann auf dem Plan: Textilien, Feinstaub & Mobilität, Lebensmittel, Lichtverschmutzung, Plastikvermeidung, Kosmetik und Elektronik. Besonders gespannt sind sie auf den Besuch bei der Firma AFB, die Elektrogeräte überholt und wieder verkauft. 

 


Weitere Infos

Du willst Deinen eigenen Handy-Friedhof sinnvoll beerdigen? Eine Sammelbox erhältst Du hier.

Dein Wissen zu Nachhaltigkeit bei Smartphones und Co. kannst du mit der Studie der Deutschen Umwelthilfe verfeinern.

Und im Video Kurz erklärt: Mobiltelefone – Schatzkisten mit Geschichte

300 gr Rote Beete –> 0,06 kg CO2
300 gr Zucchini –> 0,06 kg CO2
200 gr Hühnchen –> 1,1 kg CO2
200 gr Schweinefleisch (Bio) –> 1,04 kg CO2 
200 ml Olivenöl –> 0,64 kg CO2
60 gr Bio-Ei (1) –> 0,18 kg CO2

Summe: 3,08 kg CO2

500 gr Mehl (Haferflocken)* –> 0,3 kg CO2 
420 gr Bio-Ei (7) –> 1,26 kg CO2
400 gr Tomaten (deutsche „Wintertomate“, beheiztes Gewächshaus) –> 1,16 kg CO2 
300 gr Zwiebeln –> 0,06 kg CO2
400 gr Käse –> 2,28 kg CO2

Summe: 5,06 kg CO2

250 gr Butter (Bio) –> 2,88 kg CO2 
250 gr Mehl (Haferflocken)* –> 0,15 kg CO2 
300 gr Bio-Ei (5 x) –> 0,9 kg CO2
200 gr Zucker (Bio) –> 0,1 kg CO2
100 ml Milch (Bio) –> 0,17 kg CO2
50 gr Kakaopulver (Schokolade)* –> 0,2 kg CO2 

Summe: 4,4 kg CO2


 

Das Ergebnis verblüfft uns alle drei und löst eine abendfüllende Diskussion aus. An deren Ende bleiben viele Fragezeichen stehen:

  • Wieso verursacht Bio identische oder sogar höhere CO2-Emissionen?
  • Wäre es sinnvoller gewesen Import-Tomaten zu verwenden?
  • Wie wirkt der Einkauf mit dem Auto auf die Einkaufs-Bilanz? (Nuri und Paul waren aufgrund des Regens kurzerhand ins Auto gestiegen, um einzukaufen.)
  • Wie lässt sich der jeweilige CO2-Fußabdruck für die gewählten Speisen reduzieren?  

Letztere Frage wolle wir bald klären. Wir werden dazu das Menü wiederholen und beurteilen, ob sich einzelne Produkte ohne Geschmacksverlust austauschen lassen. Ich melde mich dann wieder. Zuvor muss ich noch spülen und Nuri für ihren doppelten Sieg feiern.

Barmer App: CO2-Fußabdruck Lebensmittel 

Die Basiswerte für den CO2-Fußabdruck Lebensmittel sind einer Forschungsarbeit des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, kurz BMUV, (im Rahmen des KEEKS-Projekts) und des Umweltbundesamts entlehnt. 

Die Produktpalette ist begrenzt. Der Rechner bietet trotzdem einen guten Eindruck, um ein wenig Licht in das eigene Einkaufsverhalten im CO2-Emissionen-verdunkelnden Supermarktdschungel zu bringen. Hätten wir einen sinnvollen CO2-Preis (s. CO2-Steuer – Wie funktioniert das?) würde sich der CO2-Fußabdruck eines Produkts merklich in dessen Preis widerspiegeln. Unser Einkaufsverhalten würde sich automatisch anpassen. Wir müssten uns beim Tomaten-Kauf im Winter nicht fragen: Greif ich zu den spanischen oder den Wintertomaten aus Deutschland (beheiztes Gewächshaus – vgl.: ifeu: CO2-Fußabdruck und weitere Umweltwirkungen von Gemüse aus Baden-Württemberg)?

Der CO2-Fußabdruck markiert den Einfluss eines Produkts auf den Klimawandel. Andere Einflüsse auf die Umwelt wie Wasser-Fußabdruck oder Belastung von Wasser, Luft und Boden durch Dünger und Pestizide sind nicht enthalten. Deshalb schneidet Bio-Obst und -Gemüse in der CO2-Lebenmittel-App meist nicht besser oder gar schlechter ab.
 


Anmerkung 

* Produkt gibt es nicht in der App, gewähltes Ersatzprodukt in Klammern
• CO2 steht in diesem Beitrag für CO2-Äquivalente und schließt weitere Treibhausgase wie Methan und Lachgas mit ein.


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