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KLIMAWIN

KLIMAWIN-Leitsatzdossier Leitsatz 06

Lieferketten sind in der heutigen globalisierten Welt häufig sehr komplex. Sie berühren das Leben vieler Menschen - von den Mitarbeitenden bei Zulieferunternehmen bis hin zu den Endkundinnen und -kunden. Das stellt Unternehmen vor die Herausforderung, die Auswirkungen ihres Geschäftsmodells im Blick zu behalten und negative Folgen zu vermeiden. Das Schaffen von guten Arbeitsbedingungen, Umweltschutz und das Achten von kulturellen und sozialen Rechten sind wichtige Anliegen für eine ethische und nachhaltige Unternehmensführung.

In der Diskussion um die Wahrung von Menschen- und Arbeitnehmendenrechten gilt ein Hauptaugenmerk den Produktionsstätten in Entwicklungsländern. Besonders fernab des eigenen Produktionsstandortes liegen Risiken von negativen Umweltauswirkungen oder Menschenrechtsverletzungen. Um negativen Auswirkungen vorzubeugen, lohnt sich die Analyse der eigenen Lieferketten bis zum Ursprung der verwendeten Ressourcen. Die Zusammenarbeit und der aktive Austausch mit Zulieferunternehmen schaffen einen Überblick über die Lieferketten und erleichtern das Analysieren und Feststellen von möglichen Risiken.

Regulatorische Vorgaben verpflichten bereits manche Unternehmen ihre Lieferketten auf mögliche Risiken zu analysieren und die Missachtung von Menschenrechten und jegliche ausbeuterischen Aktivitäten zu unterbinden. Sie erfordern Maßnahmen zur Prävention und schaffen einen rechtlichen Rahmen für Betroffene.

Mit Ihrem Einsatz im Schwerpunkt Menschenrechte und Lieferkette stärken Sie die Entwicklung globaler sozialer Gerechtigkeit und tragen somit dazu bei, Ausbeutung und Diskriminierung entgegenzuwirken. In diesem Dossier möchten wir Ihnen Impulse und Anregungen für die eigene Umsetzung geben sowie herausragende Beispiele aus Baden-Württemberg aufzeigen.

Einer Ihrer ersten Schritte als neues KLIMAWIN-Unternehmen ist das Ausfüllen des Zielkonzepts. Mit dem Zielkonzept formulieren Sie Entwicklungsschritte in Ihrem Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsengagement. Die folgenden Beispiele für selbstgesteckte Ziele können Ihnen als Inspiration für Ihr Zielkonzept dienen. Bitte setzen Sie sich quantifizierte Ziele, wenn es Ihnen möglich ist:

  • Lieferketten analysieren
    • Wir identifizieren und verfolgen alle Aktivitäten und Prozessschritte der Wertschöpfungskette all unserer Produkte und Dienstleistungen.
    • Wir richten ein unternehmerisches Risikomanagement ein und decken ökologische und soziale Risiken sowie Missstände in unseren Lieferketten auf.
  • Transparenz schaffen
    • Wir sind transparent und stellen Informationen über unsere Lieferkette, wie z.B. Zulieferunternehmen, Produktionsstandorte und relevante Praktiken, bereit.
    • Wir sprechen uns öffentlich für ethisches Handeln und die Wahrung von Menschen- und Arbeitsrechten aus.
    • Auch im Einkauf achten wir auf die ökologische und soziale Nachhaltigkeit.
    • Wir schulen nicht nur unsere eigenen Mitarbeitenden, sondern auch die von Fremdfirmen und bieten ihnen eine eigens dafür verfasste Fremdfirmenbroschüre an.
    • Wir lassen jedes Jahr [Prozentsatz] Prozent unserer Produkte und Dienstleistungen mit anerkannten Nachhaltigkeits- und Sozialsiegeln zertifizieren.
  • Partnerschaften entwickeln
    • Wir treten in den Dialog und fördern die Zusammenarbeit mit relevanten Interessensgruppen wie Mitarbeitenden, Gewerkschaften, NGOs und lokalen Gemeinschaften, um unterschiedliche Perspektiven einzubeziehen und gemeinsame Lösungen für Probleme zu finden.
    • Wir kooperieren mit unseren Zulieferunternehmen nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, sondern gehen auch soziale und ökologische Projekte gemeinsam an.
  • Von Erfahrungen und Wissen anderer profitieren
    • Wir tauschen uns mit gleichgesinnten Unternehmen aus und teilen unsere Erfahrungen.
    • Wir schaffen Möglichkeiten und Anreize für unsere Mitarbeitenden sich aktiv bei der Verbesserung der sozialen Rahmenbedingungen innerhalb der Lieferketten einzubringen.
  • Herausforderungen aktiv begegnen
    • Impulse und Beschwerden seitens unserer Kundschaft sind uns wichtig und sie werden systematisch bearbeitet.
    • Wir engagieren hauptamtliche Mitarbeitende für die Bearbeitung von Verbesserungsvorschlägen und zur Entwicklung von besseren Arbeitskonzepten entlang unserer Lieferketten.

Wir reduzieren die Komplexität unserer Lieferketten.

Regulatorische Vorgaben verpflichten bereits manche Unternehmen dazu, ihre Lieferketten auf mögliche Risiken hin zu analysieren und die Missachtung von Menschenrechten sowie jegliche ausbeuterischen Aktivitäten zu unterbinden. Die gesetzlichen Vorgaben können für alle Unternehmen eine Inspirationsquelle sein.

 

Exkurs: Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD)

Globale, komplexe Wertschöpfungsketten machen inzwischen einen Großteil des Welthandels aus. Um Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- und Zwangsarbeit in Entwicklungsländern sowie den Klimawandel und seine Folgen einzudämmen, hat der Bundestag im Juli 2021 das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)) verabschiedet. Hintergrund dieses Gesetzes ist die bislang mangelnde Einhaltung von Sorgfaltspflichten durch freiwilliges Engagement.

Darüber hinaus hat sich auch die Europäische Union im März 2024 auf ein europäisches Lieferkettengesetz (Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD)) geeinigt. Damit werden europaweit Unternehmen dazu verpflichtet sein, ihre Lieferketten auf Missstände zu prüfen und Maßnahmen umzusetzen.

Darüber hinaus finden Sie nachfolgend konkrete Hinweise und Tipps, wie Sie nach der Formulierung Ihrer Zielsetzungen in die Umsetzung Ihrer Ziele kommen. Einige dieser vorgeschlagenen Maßnahmen können zur Umsetzung der Verpflichtungen aus dem Lieferkettengesetz genutzt werden. Dies wird durch eine Anmerkung entsprechend gekennzeichnet

 

3.1 Lieferkette analysieren

Die Analyse der Lieferkette umfasst die Untersuchung und Bewertung der verschiedenen Prozesse, Ressourcen und Akteurinnen und Akteure, die an der Herstellung und Lieferung eines Produkts oder einer Dienstleistung beteiligt sind. Hier sind einige Schritte, die bei der Analyse einer Lieferkette berücksichtigt werden können:

  1. Identifizierung der Zulieferunternehmen: Erfassen Sie alle Zulieferunternehmen, die an der Bereitstellung von Rohstoffen, Bauteilen oder Dienstleistungen für Ihr Unternehmen beteiligt sind.
  2. Bewertung der Zulieferunternehmen: Untersuchen Sie die Leistung und Zuverlässigkeit Ihrer Zulieferunternehmen hinsichtlich Qualität, Preis, Lieferzeit, Ethik und Nachhaltigkeit.
  3. Kartierung der Lieferkette: Visualisieren Sie den Fluss von Materialien, Informationen und Werten von der Beschaffung bis zur Auslieferung des Endprodukts.
  4. Risikobewertung: Identifizieren Sie potenzielle Risiken in der Lieferkette, wie etwa die Abhängigkeit von Zulieferunternehmen, politische Instabilität, Umweltkatastrophen oder Arbeitskonflikte.
  5. Nachhaltigkeitsanalyse: Prüfen Sie die Umweltauswirkungen und sozialen Auswirkungen Ihrer Lieferkette, einschließlich des Energieverbrauchs, der Treibhausgasemissionen, der Arbeitsbedingungen und der Menschenrechte.
  6. Kontinuierliche Verbesserung: Entwickeln Sie Strategien zur Optimierung und Verbesserung der Lieferkette basierend auf den Ergebnissen Ihrer Analyse und den identifizierten Risiken und Chancen.

Eine gründliche Analyse der Lieferkette ermöglicht es Ihnen, potenzielle Risiken zu mindern, die Nachhaltigkeit zu verbessern und die Effizienz zu steigern, was letztendlich zu einem wettbewerbsfähigeren und verantwortungsvolleren Geschäftsbetrieb führen kann.

Darüber hinaus sind im Internet vielfältige Online-Angebot für die Analyse der eigenen Lieferkette zu finden.

 

3.2 Transparenz schaffen und Partnerschaften entwickeln

Das Schaffen transparenter Lieferketten ist entscheidend, um die Sichtbarkeit und Verantwortlichkeit entlang des gesamten Produktions- und Lieferprozesses sicherzustellen. Hier sind einige Schritte, die Unternehmen ergreifen können, um transparentere Lieferketten zu schaffen:

  • Kommunikation von Erwartungen: Formulieren Sie klare Erwartungen bezüglich ethischer Standards, Arbeitsbedingungen, Umweltschutz und anderen relevanten Themen an Zulieferunternehmen. Diese könnten z. B. auch durch das gegenseitige Unterzeichnen einer Absichtserklärung institutionalisiert und manifestiert werden.
  • Berichterstattung: Berichten Sie transparent über Ihre Lieferkette, einschließlich der Identität der Zulieferunternehmen, Ihrer Standorte, der Arbeitsbedingungen und Umweltauswirkungen.
  • Partnerschaften und Zusammenarbeit: Durch Zusammenarbeit mit Zulieferunternehmen, Branchenverbänden, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Regierungsbehörden können Sie die Transparenz entlang der Lieferkette verbessern und Best Practices fördern. Gleichzeit verschafft Ihnen die Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen Legitimität.
  • Technologische Lösungen nutzen: Technologische Lösungen wie Blockchain, IoT (Internet der Dinge) und Datenanalyse können dazu beitragen, die Transparenz in der Lieferkette zu erhöhen, indem sie Echtzeitinformationen über den Produktions- und Lieferprozess bereitstellen.
  • Konsumentenaufklärung: Informieren Sie Ihre Kundschaft über die Herkunft und Herstellungsbedingungen Ihrer Produkte, um das Bewusstsein für transparente Lieferketten zu schärfen und die Nachfrage nach ethisch produzierten Waren zu fördern.
  • Whistleblower-Mechanismen einrichten: Implementieren Sie Mechanismen, die es Mitarbeitenden und anderen Beteiligten ermöglichen, Bedenken hinsichtlich Menschenrechtsverletzungen vertraulich zu melden, ohne Angst vor Repressalien haben zu müssen.

Durch das Schaffen transparenter Lieferketten können Unternehmen nicht nur Risiken mindern und Compliance sicherstellen, sondern auch das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher stärken und langfristige nachhaltige Beziehungen zu Lieferanten aufbauen.

 

3.3 Verankerung von Präventionsmaßnahmen

Die Verankerung von Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette ist entscheidend für eine ethische und nachhaltige Geschäftspraxis. Durch sie können Unternehmen proaktiv dazu beitragen, Menschenrechtsverletzungen in ihrer Lieferkette zu verhindern und eine positive Wirkung auf die betroffenen Gemeinschaften und Umgebungen zu erzielen.

Langfristige und enge Partnerschaften sowie regionale Lieferkette sorgen für vertrauensvolle Beziehungen. Das reduziert die Risiken für Menschenrechtsverletzungen oder Umweltverschmutzung. Gleichzeitig können Sie in Ihren Partnerschaften kontinuierlich an einer Verbesserung und Stabilität der Umstände arbeiten.

Auch durch Schulungen und Informationsveranstaltungen für Mitarbeitende, Lieferanten und Geschäftspartnerschaften zum Thema der menschenrechtlichen Sorgfalt sensibilisieren Sie verschiedenste Stakeholder und regen dazu an, sich proaktiv für die Einhaltung der Menschen- und Arbeitsrechte einzusetzen bzw. etwaige Verstöße zu erkennen und zu melden.

 

3.4 Ergreifen von Abhilfemaßnahmen

Sollten Sie in Ihrer Lieferkette doch ungewollte Umstände erkennen, gehen Sie proaktiv mit der Herausforderung um. Dass Sie den Missstand aufgedeckt haben, ist erst einmal ein gutes Zeichen. Es zeigt Ihnen, dass Ihr Engagement sich auszahlt.

Um den Missstand zu beseitigen, sollten Sie ihn tiefer analysieren und die Hintergründe beleuchten. Was genau ist das Problem? Welches Ausmaß hat es? Wie ist es dazu gekommen? Sobald Sie die notwendigen Informationen haben, gehen Sie das Problem an - im Idealfall mit einem externen Partner.

 

Weitere Informationen
Hier finden Sie weitere Informationen zum Thema Menschrechte und Lieferketten sowie zum Lieferkettengesetz:

 

Um das Erreichen Ihrer Ziele später überprüfen zu können, sollten Sie neben der qualitativen Beschreibung ergriffener Maßnahmen und Erfolge auch quantitative Indikatoren verwenden. Vorschläge für quantitative Indikatoren zur Messung des Leitsatzes 06 - Menschenrechte und Lieferkette sind:

  • Anzahl zertifizierter Produkte/ Prozessschritte in der Lieferkette
  • Anzahl geschulter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (auch von Fremdfirmen)
  • Anzahl gelöster Fälle bzw. Etablierung von Gegenmaßnahmen zu Menschenrechtsverstößen
  • Anzahl der transparent dargestellten Lieferketten
  • Auflistung der Ansätze für die Einbeziehung von Stakeholdern, einschließlich der Häufigkeit der Einbeziehung unterschieden nach Art und Stakeholdergruppe
  • Anzahl von Ideen und Initiativen der Mitarbeitenden
  • Bewertung der Zufriedenheit der Kundschaft und Belegschaft, gemessen anhand von Umfragen oder Feedback

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) formuliert seit 2023 die Regeln zur nicht-finanziellen Berichterstattung von Unternehmen. Als Teil der CSRD legen die 12 European Sustainability Reporting Standards (ESRS) die wesentlichen Themenfelder der unternehmerischen Nachhaltigkeitsberichterstattung fest. Neben allgemeinen Anforderungen zur Berichterstattung und der Wesentlichkeitsanalyse sowie den Umwelt- und Governance-Standards werden insbesondere in den Sozial-Standards Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette adressiert. Der ESRS S2 Beschäftigte in der Wertschöpfungskette greift das Thema explizit auf.

Der Berichtsstandard ESRS S2 Beschäftigte in der Wertschöpfungskette hat zum Ziel, die wesentlichen positiven und negativen, tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen des Unternehmens auf die Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette zu erfassen. Darüber hinaus soll über alle ergriffenen Maßnahmen zur Verhinderung, Minderung oder Behebung tatsächlicher oder potenzieller negativer Auswirkungen und zum Umgang mit Risiken und Chancen sowie über die Ergebnisse dieser Maßnahmen berichtet werden.

Um die Ziele des ESRS S2 zu erreichen sind Unternehmen u. a. dazu angehalten, die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in der Wertschöpfungskette zu analysieren und zu verbessern. Dazu zählen zum Beispiel eine sichere Beschäftigung, angemessene Entlohnung, sozialer Dialog, Vereinigungsfreiheit, Tarifverhandlungen, Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben sowie Gesundheit und Sicherheit. Auch die Gleichbehandlung und Chancengleichheit für alle muss gewährleistet werden (zum Beispiel Geschlechtergerechtigkeit und gleicher Lohn bei gleichwertiger Arbeit, Schulung und Kompetenzentwicklung, Beschäftigung und Inklusion von Menschen mit Behinderungen, Maßnahmen gegen Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz sowie Vielfalt). Darüber hinaus adressiert der ESRS S2 sonstige arbeitsbezogene Rechte, z. B. das Verhindern von Kinder- und Zwangsarbeit sowie die Zuverfügungsstellung von angemessenem Wohnraum, Wasser- und Sanitärversorgung und Privatsphäre.


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